Die Entwicklung der Stats und ihre Bedeutung

Als die NBA den Weg in das Internet fand, eröffnete sich für Fans ein ganz neues Fenster. Statistiken waren online abrufbar und besuchte man die Homepage der NBA, fand man mit einem Klick alle wichtigen Informationen.

Geht man heutzutage auf die Statistik-Seite der NBA-Homepage findet man eine ganze Menge, doch bis man eine Übersicht über die Hauptkategorien hat, muss man sich zunächst eine Zeit orientieren und genau hinsehen, welche Statistiken wo zu finden sind. Eine interessante Entwicklung, die man sich genauer anschauen sollte….

Das sich das Spiel der NBA über die Jahre weiter entwickelt hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Doch dabei veränderten sich nicht nur die Spieler und die Spielanlagen, sondern vor allem auch die technischen Möglichkeiten eben jene Spieler und Spielweisen zu analysieren.

Die Historie der Statistiken

Der Anfang wurde im Jahr 1946-47 gemacht, als in der BAA (Basketball Association of America) zum ersten mal die Assists gezählt wurden. Dies sollte jedoch nur ein erster Schritt zur besseren statistischen Bewertung der Leistungen der Mannschaften und Spieler sein.

Nachdem die BAA im Jahr 1949 mit der NBA verschmolz, übernahm die NBA die Statistik-Werte und führte nur ein Jahr später zusätzlich die Reboundstatisitk ein. Vor allem Bill Russell und Wilt Chamberlain konnten anschließend, für heutige Verhältnisse unfassbare Werte abliefern und ihre damalige Dominanz auch statistisch belegen. Ob 55 Rebounds in einem Spiel oder über 20 Rebounds pro Spiel im Laufe einer gesamten Saison, sind Zahlen die heutzutage undenkbar sind.

Doch nicht nur große Spieler konnten dominieren. Bestes Beispiel hierfür war sicherlich Oscar Robertson, der in seiner zweiten Saison ein Triple-Double im Schnitt erzielte und dessen Werte von 30,8 Punkten, 12,5 Rebounds und 11,4 Assists pro Spiel in dieser Kombination unerreicht sind.

Doch die NBA stand natürlich gerade erst am Anfang ihrer Entwicklung und so kam zur Saison 1973-74 der nächste Schritt. Statistisch wurde bei den Rebounds von nun an zwischen Offensiv- und Defensiv-Rebound unterschieden, zusätzlich ergänzten Steals und Blocks die Werte-Tabellen. Bei der Dominanz die Russel, Chamberlain, Robertson und Co. damals ausstrahlten, kaum auszumalen, welche Statistiken hier erzielt worden wären.

Doch natürlich gab es auch nach der Einführung der neuen Werte Spieler, die ihrer Zeit voraus waren. Vor allem in den 80er Jahren konnten Statistiken erzielt werden, die bis heute unerreicht sind. So war es in der Saison 1985-86 Alvin Robertson der mit 3,67 Steals pro Spiel möglicherweise eine Bestmarke für die Ewigkeit aufstellte. Ähnliches gilt vermutlich für Mark Eaton, dessen 5,6 Blocks pro Spiel eine Saison später unerreichbar scheinen.

Doch nicht nur die Rebounds, Steals und Blocks veränderten das Spiel nachhaltig. Eine weitere wichtige Entwicklung, die auch die Welt der Statistik vervollständigen sollte, war die Einführung der Dreipunktelinie im Jahr 1979. Reggie Miller und der immer noch aktive Ray Allen sind hier natürlich die ersten Namen die einem in den Sinn kommen, wenn man darüber nachdenkt, wer den Wurf aus der Distanz am besten beherrschte und die Wichtigkeit des Gebrauchs der Dreierlinie prägte.

Das Spiel ändert sich

So ist letztlich auch egal über welchen Star der vergangenen Jahrzehnte man spricht. Ob Magic, Bird, Jordan, Stockton oder viele andere namhafte Spieler, alle profitierten letztlich von der Entwicklung der Statistiken und konnten hierdurch ihre spielerische Klasse mit beeindruckenden Werten belegen. Und auch Spieler deren Spiel nicht so ausgereift und komplett war, profitierten von dieser Entwicklung, da sie in einer Kategorie so herausragend waren, dass dadurch die Schwächen im restlichen Spiel aufgefangen wurden.

Doch wie bereits zu Anfang erwähnt entwickelte sich nicht nur eine neue Art der Spielerbewertung, sondern auch das komplette Spiel. So sind die Spieler athletischer geworden und die Dominanz der vergangenen Tage lassen sich statistisch nicht mehr so gut belegen. Entsprechend gibt es natürlich viele Diskussionen darüber, wie schwach das Gesamtniveau gewesen sein muss, um Werte à la Chamberlain oder Robertson zu erreichen. Jene Legenden behaupten hingegen, dass sie einfach so gut waren und auch heutzutage ähnlich dominieren würden.

Weiterentwicklung der Statistiken

Und während diese Diskussionen wohl nie enden werden, scheint auch die Entwicklung was das Erfassen von Statistiken angeht, kein Ende zu nehmen. So ging es in den letzten 10 Jahren rasant weiter. Ein gutes Beispiel hierfür ist das +/- Ranking. Von einigen Teams bereits in den 90er Jahren entwickelt, bekam es in den vergangenen Jahren ligaweit immer mehr Bedeutung. Jene Statistik erfasst, wie viele Punkte Vorsprung oder Rückstand die Teams erspielen, während ein Spieler auf dem Feld steht oder auf der Bank sitzt und bietet so natürlich eine neue Argumentationsbasis im Hinblick auf die Wichtigkeit und Qualität eines Spielers.

Die Seiten www.82games.com oder www.basketball-reference.com sind nur zwei Beispiele von Homepages, die Statistiken aller Art anbieten, rückwirkend Spiele auswerteten und somit ein Paradies für Statistik-Freaks bietet.

Das letzte aktuelle Entwicklung und somit ein weiteres Highlight für die Fans, ergab sich jedoch erst zum Start dieser Saison. Die NBA-Homepage bietet von nun an einen Einblick in die statistische Welt der Teams, in der sämtliche Aktionen der Spieler computer-technisch erfasst und ausgewertet werden. Gelaufene Kilometer auf dem Feld, Sprints, bevorzugte Laufwege, Arten von Würfen, Effizienz, wer passt am liebsten zu wem, wie viele Punkte werden erzielt wenn der Spieler den Ball bringt, wohin geht der Outlet-Pass und unzählbare weitere Fragen können jetzt beantwortet werden. Die Technik ermöglicht den Coaches heutzutage alles fest zu halten und so die Stärken und Schwächen der Mannschaft und der Spieler noch genauer zu analysieren.

Viele Experten sind begeistert von den Möglichkeiten der statistischen Auswertung und sind davon überzeugt aus den Daten genug Informationen zu gewinnen, um den Verlauf von Spielen oder sogar Karrieren von einzelnen Spielern voraus zu sagen. Wie weit die sogenannten Experten jedoch dabei gehen und welche Statistiken dabei betrachtet werden ist nicht festgelegt und aus dem Riesen-Datenpool wird sich daher immer nur an den Statistiken bedient, die gerade gebraucht werden.

So gibt es auch in dieser Saison einige Beispiele bei denen versucht wird, anhand von Statistiken etwas voraus zu sagen. Michael Carter-Williams gehört sicher dazu. Nach seinem Raketen-Start in die Saison, in der er fast ein Quadrouble-Double erzielte, war er plötzlich die Nummer 1 im Rookie-Ranking und sofort einer der Hoffnungsträger des gesamten Draft-Jahrgangs. Die Statistiken wurden gehypet, seine Schwächen teils überspielt und so ein unfassbarer Druck auf den jungen Guard aufgebaut. Unglücklicherweise verletzte er sich, doch die folgenden Spiele in denen er auflaufen konnte zeigten, dass wohl auch etwas Glück dabei war und er zunächst beweisen muss, dass er die ihm besagte Klasse besitzt und er dem  Druck, der ihm auf Grund der Statistiken auferlegt wurde gewachsen ist.

LeBron James und Chris Paul sind weitere Beispiele, aber natürlich schon etwas weiter. Sie hielten dem Druck stand und konnten aus ihren tolle Rookie-Saison bereits beeindruckende Karrieren machen. Während mit Paul mit 12 Double-Doubles in Serie in diesem Jahr einen alten Rekord von Magic Johnson einstellte und weiter dafür sorgt, dass seine Karriere Form annimmt, tut LeBron James gleiches und zeigt trotz leichter Angeschlagenheit mal wieder überragende Werte und scheint derzeit der einzige Spieler zu sein, der sich den 50 Jahren alten Stats von Oscar Robertson auch nur ansatzweise nähern kann. Auch die Erfolge ihrer jeweiligen Teams zeigen, dass an den Statistiken durchaus etwas dran ist und dass Spieler deren Werte überzeugen, entsprechend für den Erfolg einer Mannschaft verantwortlich sein können.

Die Tatsache, dass es jedoch auch mehr als genug Beispiele dafür gibt, bei denen gute individuelle Leistungen nicht gleichzeitig Teamerfolg bedeuten, legen jedoch auch Zweifel an dem „Wert“ der Statistiken nahe.

Das Gesamtbild zählt

Zudem gibt es auch in dieser Saison wieder mal ein Beispiel dafür, dass Statistiken insgesamt kaum etwas bedeuten müssen. Sowohl die individuellen Statistiken als auch die Werte des ganzen Teams, sagen schließlich nicht immer etwas darüber aus, wie die Teamchemie auf dem Feld ist und die taktischen Anweisungen des Trainerteams umgesetzt werden. Doch genau diese Dinge sind natürlich von unschätzbarer Bedeutung, können jedoch von keiner Statistik belegt werden.  Gemeint sind hier zweifellos die San Antonio Spurs, bei denen kein Spieler mit individuellen Top-Leistungen heraussticht. Duncan hat die schlechtesten Werte seiner Karriere, Ginobili ist längst über seinen Zenit und auch Parker zeigt statistisch „nur“ seinen Durchschnitt. Auch der restliche Kader lässt Glanzleistungen vermissen sogar in den Teamstatistiken sind die Spurs zwar immer irgendwie oben mit dabei, doch nie der alleinige Spitzenreiter, erst recht nicht mit großer Dominanz.

Nun werden Kritiker sagen, dass sie Spurs seit 2007 entsprechend auch keinen Titel mehr gewinnen konnten, doch die Konstanz der Spurs und das System mit dem Popovich Basketball spielen lässt zeigt, dass vor allem individuelle Statistiken nicht ganz so wichtig sind und der Erfolg über die Mannschaft kommt. Schließlich müssen die Spieler den Ball in den Korb werfen um ein Spiel und letztlich auch die Meisterschaft zu gewinnen und dabei kommt es wohl mehr auf das Gespür der Trainer, die Einstellung auf den Gegner und die Tagesform der Spieler an, als auf irgendwelche Statistiken.

Brad Stevens, Rookie-Coach der Celtics, ist ein Coach der neuen Generation und arbeitet sehr viel mit Statistiken. Natürlich fehlt ihm noch die Erfahrung und er wird diese in der NBA sammeln, doch gerade für ihn, aber natürlich auch alle anderen Trainer der NBA, bedeutet die Weiter-Entwicklung der Statistiken zusätzliche Schwierigkeiten. Fans und die selbst ernannten Experten durchforsten Statistiken und finden schnell Probleme die sich auch in Zahlen belegen lassen und haben daher mehr Möglichkeiten zur Kritik. Doch dies ist nicht das einzige Problem, dem sich die Coaches stellen müssen.

Mit dem Wissen, dass die Statistiken das Team auch weiter bringen können, brachte Stevens seiner Mannschaft in einem Meeting zu Beginn der Saison bei, wo die Probleme der Mannschaft sind und basierte seine Argumentation auf den Statistiken. Die Mannschaft hörte gespannt zu, doch letztlich war es Courtney Lee, der die Diskussion und Analyse auf den Punkt brachte. Er verlangte von seinem Coach dem Team einfach zu sagen, nur dann zu werfen wenn sie frei sind. Ein Hinweis, den sicher nicht nur Trainer-Legende Red Auerbach und seine Kollegen vor 50 Jahren gegeben haben, sondern den auch jeder High-School, College oder Kreisliga-Trainer in Deutschland geben kann und für den wohl keine Statistik der Welt nötig ist. Somit haben die Coaches eine weitere schwere Aufgabe dazu bekommen: den Spielern auf Grund der Werte klar zu sagen, was sich ändern muss. Und wie das Beispiel belegt, sind die Hinweise auch häufig ganz ohne Statistiken möglich und so müssen sie aufpassen, sich nicht im Zahlen-WirrWarr zu verlieren.

So bleibt letztlich also die Frage offen, was die Statistiken Wert sind und was man aus ihnen mitnehmen kann. Sicher haben die Teams der NBA unglaubliche technische Möglichkeiten und eine Ansammlung von Daten die viel über die Spieler, deren Stärken und deren Schwächen, sowie über die komplette Mannschaften aussagen. Doch trotzdem zeigt das Beispiel aus Boston, dass es im Endeffekt doch nur um Basketball geht. Die Trainer müssen ihre Mannschaft bestmöglich vorbereiten und letztlich bestimmen dabei nicht die Statistiken wer das Spiel gewinnt, sondern die Einstellung der Teams und die Leistung der Spieler die den Ball in den Händen halten.