NBA-News am 16.04.2015

Tränen in Oklahoma, Jubel in New Orleans

Die Zeichen standen gut für Russel Westbrook und sein Team, nach einem katastrophalen Saisonstart doch noch die Playoffs zu erreichen. Am Ende jedoch sollte es für die Oklahoma City Thunder nicht sein.

Die schwache erste Hälfte der Spielzeit ohne Westbrook und Durant konnte auch ein auf MVP-Niveau agierender Aufbauspieler nicht kompensieren. Statt der Thunder werden die New Orleans Pelicans gegen die übermächtigen Golden State Warriors in der ersten Runde der Playoffs antreten.

Dabei befanden sich die Thunder eigentlich in der besseren Ausgangssituation. Die Aufgabe, die das Team von Scott Brooks im letzten Saisonspiel gestern lösen musste, waren die Minnesota Timberwolves. Gegen das zweitschwächste Team der NBA half nur ein Sieg, um im Rennen um Platz acht im Westen zu bleiben. Dementsprechend deutlich gewannen die Thunder mit 138-113 gegen überforderte T-Wolves.

Dennoch konnten sich Russell Westbrook und Co. trotz ihres Sieges nicht aus eigener Kraft für die Postseason qualifizieren. Sie waren auf Schützenhilfe des amtierenden Champions angewiesen, der San Antonio Spurs. Gegen die New Orleans Pelicans musste das Team von Coach Gregg Popovic gewinnen, sonst wäre der Traum von den Playoffs in Oklahoma ausgeträumt.

Während in Minnesota bereits nach der ersten Hälfte deutlich wurde, dass die Thunder dieses Spiel gewinnen würden, entwickelte sich in New Orleans in den letzten Minuten ein Basketball-Krimi, obwohl die Pelicans zeitweise mit 23 Punkten Vorsprung führten. In der bedeutendsten Partie der dreijährigen NBA-Karriere von Anthony Davis zeigte der All-Star sein gesamtes Paket.

In der Offensive führte er der lebenden Legende Tim Duncan vor, wie die Zukunft auf der Power-Forward-Position aussieht, am eigenen Ende des Feldes riss er sich beim Kampf um die Abpraller den Allerwertesten auf und verkörperte mit seinen Krakenarmen eine schier unüberwindbare Wand für die Spurs.

Insgesamt 31 Punkte und 13 Rebounds erzielte Davis gestern und packte als Sahnehäubchen noch zwei Steals und drei Blocks oben drauf. Nach der Schlusssirene stand es auf der Anzeigetafel 108-103 für die Pelicans. In den letzten Minuten der Partie versenkte er zwei wichtige Sprungwürfe, blockte zwei Schüsse der Spurs und griff sich zwei Rebounds.

„Wir haben mit sehr viel Herz gespielt und gekämpft“, sagte ein erschöpfter Anthony Davis nach der Partie. „Ich habe zwar vor dem Spiel gesagt, dass mir die Begegnung nicht viel bedeutet, aber das stimmte nicht. Ich wollte nur etwas Druck herausnehmen“, gab der 22-Jährige zu.

Am Wochenende geht die Saison für die New Orleans Pelicans also weiter, während in Oklahoma die Fahnen auf Halbmast gehängt werden. Die Pelicans ziehen trotz ausgeglichener Bilanz in die Playoffs ein, weil sie den direkten Vergleich gegen die Thunder in der Regular Season gewannen. Wie viel den Pelicans allerdings gegen das beste Team der NBA, die Golden State Warriors, gelingen wird, ist fraglich.

Die Pacers verlieren, Brooklyn nicht und rutscht in die Playoffs

Ebenso wie in der Western Conference, war bis gestern auch im Osten der NBA noch nicht klar, welches Team sich in der ersten Playoff-Runde mit dem besten Team der Conference, den Atlanta Hawks, messen darf. Das Duell um Platz acht zwischen den Indiana Pacers und den Brooklyn Nets entschied letztendlich das Team aus dem Big Apple für sich.

Die Ausgangssituation war ähnlich, wie im Westen der Liga. Die Brooklyn Nets mussten gegen die Orlando Magic gewinnen, um überhaupt eine Chance auf die Postseason zu haben, konnten aber die Qualifikation nicht aus eigener Hand schaffen. Schützenhilfe mussten in diesem Fall die Memphis Grizzlies leisten, die gegen die Indiana Pacers spielten.

Die Magic konnten die Partie lange offen gestalten, lagen zu Beginn des vierten Viertels sogar in Führung. Dann drehte Altmeister Joe Johnson auf und legte sieben Punkte in Folge in die Waagschale, die daraufhin zu Gunsten der Nets ausschlug. Ein 10-0-Lauf des Teams von Coach Lionell Hollins machte den 101-88-Erfolg perfekt.

„Die Playoffs sind wie eine neue Saison“, sagte Johnson nach der Partie. „Jeder startet mit 0 Siegen und 0 Niederlagen und sauberen Händen.“ Während der Saison hatte der 33-Jährige seine Mannschaft und die Verantwortlichen der Franchise mehrfach kritisiert und mangelndes Engagement vorgeworfen, sowie vergebene Chancen angemahnt.

Die Pacers mussten gegen die Memphis Grizzlies ran und schlugen sich bis ins vierte Viertel tapfer, konnten in der Partie aber nie die Führung übernehmen. In der zweiten Hälfte wirkte das Team von Coach Frank Vogel müde und ausgelaugt. Die Partie gegen die Washington Wizards am Dienstag, die erst nach zwei Verlängerungen zu Gunsten der Pacers entschieden wurde, steckte den Profis wohl noch in den Knochen.

Eine Schrecksekunde entschied das Spiel schon Mitte des vierten Viertels, als Paul George, der Franchise-Player der Pacers, von seinen Mitspielern vom Platz getragen werden musste. Der 24-Jährige, der in dieser Saison wegen eines Beinbruchs 76 Spiele verpasste, zog sich allerdings nur eine Wadenzerrung zu, wie die Teamärzte feststellten. Dennoch hielt die gesamte Halle den Atem an.

Nach dem Ausfall ihres besten Spielers ließ bei den Pacers auch die Konsequenz, die Konzentration und die Bereitschaft nach und sie verloren letztendlich mit 95-83. Überragender Akteur der Grizzlies war Marc Gasol, der mit 33 Punkten und 13 Rebounds maßgeblich am Sieg seines Teams beteiligt war.

Am Wochenende werden also die Brooklyn Nets auf die Atlanta Hawks treffen. Die Nets haben zwar mit 38 Siegen bei 44 Niederlagen die gleiche Bilanz, wie die Pacers, entschieden aber den direkten Vergleich innerhalb der Saison für sich. Gegen die Hawks wird es allerdings schwer für die Nets. In der regulären Saison verloren sie alle vier Partien gegen die Adler.

Russell Westbrook gewinnt die Scorer-Krone

Der Aufbauspieler der Oklahoma City Thunder erzielte im letzten Spiel der regulären Saison noch einmal 37 Punkte und schraubte seinen Punkteschnitt in dieser Spielzeit auf 28,1 Punkte pro Spiel hoch. Damit liegt er 0,7 Punkte vor James Harden, der auf Platz zwei rangiert.

Gegen die Timberwolves markierte der 26-Jährige allein im ersten Viertel 23 Punkte und stellte damit einen neuen Rekord für die Oklahoma City Thunder auf. Auch Coach Scoot Brooks fand nur lobende Worte für den Anführer der Thunder: „Er hatte eine historische Saison. Er hat alles gemacht, gereboundet, gepasst, gescort, verteidigt. So etwas habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen.“

Trotz der MVP-würdigen Saison von Westbrook ist die Saison der Thunder nach dem letzten Spiel der Regular Season beendet. Dementsprechend enttäuscht war der Gewinner der Scoring-Krone nach der Partie gestern. „Es bedeutet mir überhaupt nichts. Toll gemacht. Ich werde zu Hause sitzen und anderen Mannschaften beim Spielen zugucken. Es bedeutet mir gar nichts“, nuschelte er in die Mikrofone der Journalisten.

Westbrook selbst hatte noch vor dem Spiel gesagt, dass er lieber in den Playoffs spielen würde, als den Scoring-Titel zu gewinnen. Insgesamt ist er seit 1976 erst der fünfte Topscorer der Liga, der die Postseason verpasst. Zuletzt gewann Tracy McGrady 2004 die Scorer-Krone und musste dann in den Playoffs zuschauen.